Usability Testessen: Speed-Testing mit Pizza, Bier und Klick!

„In meiner digitalen Phantasiewelt sind alle meine Apps toll und fehlerfrei! Aber in der Realität?? Echte Nutzer sind normale Menschen mit Emotionen und  Motivationen, auch hat jeder Mensch andere Interessen, Intelligenz und Geschwindigkeit. Um die Gebrauchstauglichkeit meiner Apps zu verbessern, müssen sie einmal von Anwendern „brutal und blind“ durchgeboxt werden. Aber wie finde ich Testpersonen? Wer hilft mir weiter?“ Wenn jemand solche Schwierigkeiten hat, bietet „Usability Testessen“ eine Lösung basierend auf dem Motto “Wenn es ein Problem gibt, mach eine Party daraus”.

Der Media-System-Designer eines Darmstädter Start-Ups, Philipp Hormel, organisierte im Jahr 2013 eine Pilotveranstaltung mit gesponserten Getränken und Pizza. Das war die Geburt der Veranstaltungsreihe „Usability Testessen“.

Dieses Event findet seitdem regelmäßig in verschiedenen Städten und Räumlichkeiten mit der Unterstützung von Sponsoren und eines ehrenamtlich organisierten lokalen Teams statt.

Das Ergebnis ist eine coole „Testing-Party“ für Start-Ups, Agenturen, Unternehmen, Entwickler, Konzepter, UX/UI-Designer, QA-Engineers, Product Owner, Projekt Manager und Webportal-Anbieter.

 

 

12 Teststationen, 12 Testpersonen, 12 Minuten Testingzeit pro Person/Station

Testpersonen erhalten am Start jeder Station eine Vorgabe der durchzuführenden Aktionen, z.B. „Buche ein Hotelzimmer für zwei Personen!“, „Löse einen Gutscheincode ein!“, „Was erwartest du wenn du auf den Knopf „Live TV“ klickst?“ oder „Suche und vergleiche zwei Angebote!“, um die Nutzerfreundlichkeit der digitalen Produkte wie Apps, Websites oder Prototypen zu testen. Diese Aufgaben müssen innerhalb von 12 Minuten erledigt werden. Der Zeitdruck und das Bedienungstempo erschweren das Ganze. Während ich mir bekannte Apps gut testen kann, habe ich Schwierigkeiten bestimmte Bedienelemente auf mir unbekannten Webseiten zu finden.

Trotz dieses Dilemmas hat mich diese neue Erfahrung gestärkt und mir eine neue Perspektive gebracht, da ich jetzt das “allgemeine Nutzergefühl” richtig nachvollziehen kann. Ich habe auch festgestellt, dass eine solche Frustration am Anfang den Anwendern die Motivation zur Weiternutzung nimmt.

 

 

Quelle: https://usability-testessen.org

 

 

 

„Thinking-Aloud-Methode“ ist ein MUSS

Ich gebe mein Feedback zu den Teststationen durchgehend laut, bedenken- und gnadenlos. Was ich auf dem Bildschirm durch meine Klicks beobachte, was ich genau erwarte, was mir gut gefällt und was mich stört. Alles wird dokumentiert, protokolliert und aufgenommen. 

Ich hatte während meines konzentrierten Arbeitens kein Zeitgefühl mehr, was aber kein Problem darstellt. Die netten Mitarbeiter aus dem Usability Testessen-Team informieren über den „Stationswechsel“. Laut der Statistik darf ein Usability-Test bis zu 90 Minuten dauern, aber nicht länger, weil die Anwender sonst zu sehr ermüden.


Ist der 12-minutige-Takt ausreichend für den ersten gemeinsamen Usability-Test für beide Parteien? Ich denke ja. Der erste Eindruck ist sehr wichtig für den Usability-Test, da es entscheidend ist, ob der Anwender die Produkte wieder bedienen möchte oder nicht. Die Antwort weiß der Nutzer im allgemeinen nach 10 Minuten Test (Ich habe tatsächlich bei einigen Stationen gesagt, dass ich sie nicht wieder benutzen möchten).

 

 

Intro, Pause und Outro fürs Networking

Eines meiner Ziele war es auch, Kontakt mit neuen Leuten zu knüpfen. Informationstausch und Unterhaltung konnten, begleitet von Pizza und Getränken, vor dem Intro, in den Pausenzeit und Intro/Outro-Runden durchgeführt werden. Das Motto ist „Nicht nur testen!“

Alle Teststationen werden beim Intro kurz vorgestellt und ihre Eindrücke über 6 Testrunden beim Outro kurz präsentiert. Testpersonen dürfen nur beim Outro ihre Meinungen kommentieren, schliesslich sollen beim “Usability Testessen” nicht die Testanwender sondern die Produkte geprüft werden. 

Aber wie soll eine Testperson motiviert werden, um die Nutzerfreundlichkeit unter die Lupe zu nehmen, oder braucht sie für den “Usability-Test” überhaupt keine Motivation?? Bin ich doch betriebsblind?

Ich hab durch meine Frage “Wer arbeitet als QA?” an diesem Abend nur zwei echte Testerinnen unter den 12 Testpersonen kennen gelernt. Überraschung pur! Die meisten Nutzer waren keine QA-Profis.

 

Quelle: https://usability-testessen.org

 

 

FAZIT: Simple und freundliche UI/UX sind das Beste

Usability ist ein non-functional Test. Diese Art des Testing soll auf jeden Fall nicht vernachlässigt werden und genauso wie der Funktionalitätstest behandelt werden. 

Was mich während des ganzen “Usability Testessen” frustriert hat, waren komplexe und unfreundliche Benutzeroberflächen.

Der Startscreen ist die Visitenkarte für ein digitales Produkt und wenn dieser sehr kompliziert und nicht zugänglich für alle Anwender ist, verlassen die Nutzer im Allgemeinen die Produkte sofort.

Ich denke meine Situation ist ein normaler Use-Case für den Usability-Test. Obwohl ich beruflich QA bei NEXT Munich durchführe, bin ich bei vielen Anwendungen anderer Anbieter eher ahnungslos. Ich glaube dass ich durch den Testabend wieder den Blick eines Normalanwenders erlernt habe. Dieser wird hilfreich sein, um mich beim Usability-Test für unsere Apps effektiver zu begleiten.

 

Midori Göbbel, Senior QA Managerin, mig@next-munich.com